ARCHÄOLOGISCHES MUSEUM FRANKFURT IN KOOPERATION MIT Places of one´s own, ZAN e.V. & DRK UNTERKUNFT
Vor über 10.000 Jahren begannen Menschen Metalle zu verarbeiten. Anfänglich formten sie kleine Schmuckstücke, wie Spiralen und Perlen aus Gold oder Kupfer. Im Laufe der Zeit wurden weltweit größere und prachtvollere Objekte hergestellt. Oftmals dienten sie der Darstellung und Betonung von Schönheit oder Macht. Metall ist ein Material, das in besonderem Maße Wandlung und Transformation ermöglicht, beispielsweise durch Verformen oder Schmelzen. Und genau darum geht es in dem Projekt „Heavy Metall“: Der anfangs unscheinbare Rohstoff Metall wurde durch eigene Kraft und Ideen zu etwas Besonderem gemacht. Zu einzigartigem Schmuck und persönlichen Objekten. Funde aus der Sammlung des Archäologischem Museum Frankfurt dienten als Inspiration für die eigene Gestaltung.
Das Format PLACES OF ONE’S OWN soll den teilnehmenden Frauen neben einer inhaltlichen Auseinandersetzung den Raum für eigenes kreatives Schaffen ermöglichen. Ästhetische und künstlerische Praxis eröffnet andere Zugänge als die intellektuelle Auseinandersetzung mit einem Themenfeld.
Mahsima Kalweit, Projektkoordination
In einem ersten Treffen wurde das Archäologische Museum Frankfurt vorgestellt. Bei einem Rundgang durch die Dauerausstellung wurden die Highlights der Sammlung gezeigt. Gemeinsam mit der stellvertretenden Direktorin Maria Meßner konnte aber auch ein Blick hinter die Kulissen in die Depoträume des Museums geworfen werden. Außerdem wurden die Erwartungen der Projektteilnehmerinnen abgefragt.
Für die folgenden Termine stand den teilnehmenden Frauen neben Maria Meßner ein Team zur Verfügung, das zusammen oder wechselnd an den Treffen dabei war. Mahsima Kalweit, Projektkoordinatorin, Mona Eslami, Sozialpädagogin der DRK- Unterkunft, Miriam Hassan, Gruppenleitung bei ZAN e.V. begleiteten den Prozess. Sayuri de Zilva, Archäologin und Goldschmiedin leitete den theoretischen und praktisch-handwerklichen Teil rund um die Metallverarbeitung an. Bei allen Workshops dienten originale Funde aus der Sammlung des Archäologischen Museums Frankfurt als Inspiration für die eigene Gestaltung.
Von der Energie und Hingabe der Teilnehmerinnen im Projekt „Heavy Metal“ bin ich tief beeindruckt. Es ist wunderbar zu sehen, wie sie durch die Auseinandersetzung mit archäologischen Objekten aus unserer Sammlung und die Arbeit mit Metallen nicht nur handwerkliche Fähigkeiten weiterentwickeln, sondern auch persönliche und kulturelle Verbindungen entdecken konnten. PLACES OF ONE’S OWN in Kooperation mit ZAN e.V. und der DRK Unterkunft bereichert unser Museum enorm und zeigt, wie Archäologie und die handwerkliche Auseinandersetzung mit jahrtausendealten Techniken individuelle Brücken in die Zukunft bauen können.
Maria Meßner, stellvertretende Direktorin & Kustodin für Vermittlung
Der erste praktische Workshop widmete sich dem Bearbeiten von Draht. Eisen- und Kupferdraht wurde zu dreidimensionalen Objekten gebogen und gehämmert. An bronze- und eisenzeitliche Vorbilder angelehnt wurden Spiralen und Armreifen hergestellt. Besonders das Verdrehen von Draht, das sogenannte Tordieren, wurde erprobt.
Es war interessant, das fertige Werk zu sehen. Erst durch das eigene Arbeiten habe ich verstanden, wie viel Arbeit dahintersteckt. Jetzt kann ich sehen, wie viel Mühe man sich früher gemacht haben. Ich bin dankbar, dass uns die Menschen von früher das Leben so viel leichter gemacht haben durch das Entwickeln von Werkzeugen und Techniken. Das, was ich im Workshop selbst gemacht habe, habe ich zu Hause stehen und kann es immer wieder anschauen und bin stolz, was ich selbst geschaffen habe!
Zitat Teilnehmerin
Im zweiten Workshop wurden aus Kupferblechen kleine verzierte trianguläre Anhänger gearbeitet. Die sogenannten „Klapperbleche“ waren über einige Jahrtausende von der Kupfer- bis zur Eisenzeit in verschiedenen Zusammenhängen in Verwendung: ob an der Kleidung, als Schmuck oder als klapperndes Accessoire an eisenzeitlichem Metallgeschirr. Die Teilnehmerinnen arbeiteten mit Schleifsteinen, Hammer und Punzen. Jedes einzelne Motiv, jeder kleine Perlrand wurde sorgfältig in das Kupfer geschlagen.
Für mich war das sehr interessant und ich hatte Spaß mit weiteren Frauen, die auch mitgemacht haben. Es hat mir Spaß gemacht, dass ich eigene Werke aus Kupfer und Zinn geschaffen habe! Ich kannte auch die Materialien, mit denen wir gearbeitet haben. Ich bin mit ihnen bereits in Afghanistan in Berührung gekommen.
Zitat Teilnehmerin
Heiß zur Sache ging es in den folgenden beiden Workshop-Terminen: An einem kleinen Feuer wurde Zinn geschmolzen und anschließend in Gussformen aus Ton gegossen. Jede Teilnehmerin hat zuvor ihre individuelle Gussform gestaltet. Dazu wurden getrocknete Tonplatten plan geschliffen und ein dreidimensionales Motiv mit verschiedenen Werkzeugen in den trockenen Ton eingearbeitet. Für diesen aufwändigen Prozess von der Gestaltungsidee bis zum silbrig glänzenden Objekt gab es zwei Workshop-Termine.
Jedes Gussobjekt wurde in sorgfältiger Feinarbeit von den Teilnehmerinnen hergestellt, und jedes entstandene Objekt erzählt eine eigene Geschichte: Mal war es ein Ohrschmuck, der eine Teilnehmerin schon lange als umzusetzende Idee beschäftigte, der Anfangsbuchstabe des Namens der Tochter oder ein besonders interessantes Tier in Kleinformat – um nur einige Beispiele zu nennen.
Ich habe ein Motiv gewählt, das mich an die Gastfreundlichkeit und daran, dass in jedem Haushalt immer Wasser auf dem Tisch steht, erinnert. In jeder Familie wird Gästen vor dem Essen aus einer Kupfer-Karaffe (aftabe lagan) Wasser zum Hände waschen angeboten. Schon beim ersten Besuch im Archäologischen Museum ist mir solch eine Karaffe in der Ausstellung aufgefallen!
Zitat Teilnehmerin
Es war ein sehr schönes Projekt! Bereits beim ersten Rundgang durch das Archäologische Museum war einer der besonderen Augenblicke, den Menschen, die vor mir standen, die Geschichte der Metallurgie, die in ihren Herkunftsländern, dem heutigen Iran, Irak und Afghanistan, ihren Anfang nahm, erzählen zu dürfen und zu spüren, wie bewegt sie davon waren.
Die Gruppe bei der Arbeit, bei dem Umgang mit den verschiedenen Metallen anzuleiten und zu begleiten, hat mir viel Freude bereitet. Mich hat ihre Geduld, Ausdauer und ihr Interesse begeistert, vor allem aber war ich von ihrer Herzlichkeit und ihrer guten Laune beeindruckt. Einmal bedankte sich eine Frau, deren Familie in ihrem Herkunftsland gerade kriegerischen Auseinandersetzungen ausgesetzt war, bei uns, weil sie, wie sie sagte, für einige Stunden mit dem praktischen Arbeiten und dem Zusammensein mit den anderen Frauen abgelenkt war, weil sie vertieft war in das Gestalten, Formen und Handwerken. Das hat mich sehr berührt.
Sayuri de Zilva, Workshopleitung
Fotos: Lysann Jabusch und Luis Thurau