Frankfurter Stadtbefestigung
Dendrochronologische Untersuchungen gefundener Bauhölzer geben überraschende Einblicke in die Geschichte einer Frankfurter Bastion.
Nach Abschluss der archäologischen Grabungen am Opernplatz im Bereich des Bockenheimer Bollwerks (s. Fundgeschichten. Archäologie in Frankfurt 2013/2014) wurden zahlreiche Hölzer der Roste unter den Befestigungsmauern für eine Datierung des Fälldatums anhand der Jahrringe beprobt. Insgesamt 24 Holzproben wurden für die dendrochronologische Untersuchung ausgewählt. Bis auf eine Ausnahme (Lab.Nr. 8339) konnten alle Proben durch das Dendrochronologische Labor Westphal Frankfurt (DLWF) analysiert werden. Die Ergebnisse sind als Lab.Nr. DLWF 8325 bis 8348 aufgenommen worden.
Die Hölzer des Buchenholzrostes (grün) im östlichen Abschnitt konnten auf das Jahr 1444 bestimmt werden und entsprechen damit genau den Untersuchungsergebnissen der Hölzer, die bereits 2008 in der östlich anschließenden Baugrube unter der mittelalterlichen Mauer zu Tage getreten waren.
Demgegenüber datieren Proben des Buchenholzrostes, der westlich einer markanten Unterbrechung vor dem nordöstlichsten Strebepfeiler im Bereich bis zur südwestlichen Baugrubengrenze lag, einheitlich 13 Jahre früher, in das Jahr 1431.
Die Stadtbefestigung war ein großes Bauprojekt, daher kann eine Bauzeit von mehreren Jahrzehnten nicht überraschen. Vielleicht trafen hier zwei Bauabschnitte zwei unterschiedlicher Bautrupps aufeinander, wofür auch die Unterbrechung des sonst durchgängig verbundenen Holzrostes sprechen würde.
An gleicher Stelle zeigt sich auch ein Versatz (gelb) in der außen vorgelagerten, jüngeren Bastionsmauer.
Das Alter der Hölzer der bastionären Befestigung war jedoch durchaus überraschend. Zunächst konnte der Kiefernholzrost (rot), der auf der gesamten Länge unter der Mauer und damit parallel zur Mauer des 15.Jahrhunderts verlief, einheitlich auf das Jahr 1656 datiert werden. Damit entsprach die Bauzeit ebenfalls genau den Daten aus der östlich anschließenden Baugrube von 2008.
Allerdings stammen die Hölzer im Bereich des „Versatzes“ (gelb) bereits aus dem Jahr 1635. Dieser kleine Abschnitt bestand also bereits vor der Bastionsmauer. Deshalb konnte auch die Überlegung, es könnte sich hierbei um eine Reparaturstelle handeln, verworfen werden. Möglicherweise war hier ein provisorischer (?) Übergang über den Wassergraben vorhanden.
Weitere Daten wurden im Bereich der eigentlichen Bastion erhoben. Dieser Holzrost bestand abweichend von den übrigen Hölzern aus Eichenbalken und zeigte eine auffällige Anordnung und Verteilung der Hölzer im Rost, der durch eine Lücke von den übrigen Holzrosten getrennt war. Über eine Länge von 23 m waren unter den Mauern keine Hölzer verlegt, da an dieser Stelle eine natürliche Kalkbank vorhanden war. Dadurch war der Untergrund genügend tragfähig, wohingegen für den Aufbau der Mauerzüge im sog. Frankfurter Ton ein Holzrost untergelegt werden musste. Ein solches Verfahren konnte auch an anderer Stelle beobachtet werden und ist grundsätzlich ökonomisch und nicht ungewöhnlich.
Trotz der unterschiedlichen Erhaltung der Hölzer (orange) konnte auch für die Proben im Bereich von Flanke und Farce ein Baujahr ermittelt werden.
Überraschenderweise lagen alle Daten zwischen 1762 und 1765, offenbar zeigt sich hier eine Baumaßnahme des 18. Jahrhunderts. Es handelt sich um eine aufwendige und erhebliche Baumaßnahme in einem bestehenden Wassergraben von beträchtlicher Tiefe, rund zehn m unterhalb des heutigen Straßenniveaus.
Da die bastionäre Mauer des 17.Jahrhunderts planmäßig gebaut wurde, muss man davon ausgehen, dass auch die zugehörige Bastion, das Bockenheimer Bollwerk, ebenfalls ausgeführt wurde. Nichts spricht dafür, dass ein solches Großprojekt an einer Stelle über einen Zeitraum von hundert Jahren unterbrochen war. Der vorliegende Befund würde bedeuten, dass an dieser Stelle die Bastion offenbar restlos, inklusive des ursprünglichen Holzrostes, entfernt wurde. Unklar ist, ob sich die Maßnahme auf die gesamte Bastion erstreckte. Bisher konnten keinerlei Baumaßnahmen an den Befestigungsanlagen zwischen dem 17.Jahrhundert und der Schleifung zu Beginn des 19. Jahrhundert dokumentiert werden. Historische Nachrichten zu diesem Befund sind nicht bekannt.
Welches einschneidende Ereignis zu dieser Maßnahme führte, bleibt deshalb weiterhin unbekannt.
Andrea Hampel
Stadtbefestigungen am Opernplatz mit Bauhölzern.
© Denkmalamt Frankfurt
Vermessung Frommelt & Hartmann.
© Denkmalamt Frankfurt