Neues zum römischen NIDA
Eine Vielzahl von Siedlungsbefunden zeigt, dass im 3. Jahrhundert eine zivile Bebauung im Vorfeld der Stadtmauer des römischen NIDA bestanden hat. In der Verfüllung eines sorgfältig gemauerten Kellers fand sich ein seltenes steinernes Fenster. Eine schmale, sanduhrförmige Öffnung ließ das Licht einfallen – Einbrecher hatten dagegen keine Chance.
Der geplante Neubau einer Feuerwache im Bereich der römischen Stadt NIDA hat während des gesamten Berichtszeitraums zum Einsatz der archäologischen Denkmalpflege geführt. Dabei war die außerordentlich gute Erhaltung der Befunde überraschend, hatte man doch aufgrund der Lage inmitten bebauter und versiegelter Flächen sowie einem erheblichen unterirdischen Flächenverbrauch durch den Bau der U-Bahnschächte in offener Bauweise bereits in den 1960-1970er Jahren kaum mit einem nennenswerten Bestand von Bodendenkmalen rechnen können. Es zeigten sich jedoch auf einer Fläche von über 4000 qm eine Vielzahl von Befunden, die, mit Ausnahme von neuzeitlichen Störungen durch Kabeltrassen, alle aus der Römerzeit stammen.
Dabei ist einerseits die Erfassung von Teilen der römischen Stadtbefestigung des 3. Jahrhundert n. Chr. von Bedeutung, da das Grundstück im Bereich des Nordtores liegt, andererseits zeigte sich auch eine dichte Geländenutzung direkt vor den Toren der Stadt, die offenbar zeitgleich mit der Befestigung bestanden hat.
Dabei ist von besonderem Interesse, dass auch im 3. Jahrhundert n. Chr., als offenbar eine gewisse Bedrohungslage zum Aufbau einer Stadtmauer mit Toren und vorgelagertem Graben sowie neuen Straßentrassen führte, eine zivile Bebauung an der neuen Straße stattgefunden hat.
Mit St. 122 konnte unter der örtlichen Grabungsleitung von Hans-Jürgen Semmler im Mai 2014 ein Steinkeller aufgedeckt werden, der östlich der Straße unweit des Nordtores lag. Der Keller besteht aus sorgfältig gesetzten Basalten, die meist als Quader zugerichtet sind. Das lichte Innenmaß beträgt etwa 5,40 m mal 3,0 m, die rechteckige Form ist leicht trapezoid. Während die Längsseite der Straße zugewandt ist, liegt der Eingang mit einem lichten Durchgang von 0,95 m an der Nordostecke. Im Eingangsbereich konnte die ehemalige Holztreppe nachgewiesen werden. In der Mitte der Schmalseite nach Süden befindet sich der Rest einer halbrunden Nische, eine weitere, kleinere Nische ist in der Westwand fragmentarisch vorhanden. Die Steine sind mit einem orangeroten Mörtel vermauert, Hinweise auf einen Wandputz fehlen.
Die Kellerwände sind in maximal neun Lagen des aufgehenden Mauerwerks erhalten und gegen den anstehenden Boden gesetzt. Von Nordosten nach Südwesten verlaufend hat eine breite Kabeltrasse gravierende Schäden am Befund verursacht, eine Meldung der Befunde erfolgte nicht, obwohl der Eingriff in die historische Substanz nicht unbemerkt geblieben sein dürfte.
In der Kellerfüllung fand sich neben Fundmaterial des 3. Jahrhunderts auch ein steinernes Fenster. Es handelt sich um einen monolithischen Basalt mit Maßen von 1,25 m mal 0,78 m mal 0,35 m. In den rechteckigen Stein wurde mittig eine sanduhrförmige Öffnung geschlagen. Während der Stein auf einer Seite eben und glatt gearbeitet ist, sind die Fenster“laibungen“ auf der anderen Seite kissenartig ausgeprägt.
Aus NIDA sind zwei weitere, derartige Steinobjekte bekannt, die bereits 1928 „Im Heidenfeld“ gefunden wurden. Auch sie bestehen aus jeweils einem Basaltblock und zeigen die typischen Lichtöffnungen. Mit den Maßen von 0,90 m mal 0,74 m und 0,98 m mal 0,98 m sind sie jedoch deutlich kleiner (Meier-Arendt 1983, Katalognr. 3).
Solche Fenster können nur in einem Steingebäudebeziehungsweise Steinkeller eingebaut gewesen sein. Eine Nutzung in der Wand einer Fachwerkkonstruktion scheidet aufgrund deren fehlender Tragfähigkeit aus. Das vorliegende Fundstück war daher vermutlich nicht allzu weit vom Fundort entfernt eingebaut. Demnach könnte es sich um ein Fenster des Kellers St. 122 handeln. Leider konnte in den Kellerwänden der Standort nicht nachgewiesen werden; auch Hinweise auf andere Fensterformen sind nicht erhalten.
Es handelt sich ohne Frage um ein sehr seltenes und bemerkenswertes Fundstück. Aufgrund der aufwändigen Herstellung und der sehr sorgfältigen Ausarbeitung kann auch eine Nutzung in einem steinernen Erdgeschoss nicht ausgeschlossen werden. Leider kann das zugehörige Haus mangels Erhaltung nicht erschlossen werden. Steingebäude sind in NIDA die Ausnahme, auch über Steinkellern wurde in der Regel ein Fachwerkhaus errichtet. Denkbar wäre jedoch auch ein steinernes Erdgeschoss mit einem oberen Stockwerk in Fachwerkkonstruktion. Die Lage außerhalb der Stadtbefestigung in offenbar stürmischen Zeiten lässt auch an eine Einbruchsicherung zu ebener Erde denken.
Das Basaltfenster wird an den Fundort zurückkehren und in den Neubau der Feuerwache integriert. Weiterhin sollen die Steine des Kellers an anderer Stelle, aber auf dem gleichen Areal wiederverwendet werden. Die Maßnahmen sollen mit dem Denkmalamt und dem Archäologischen Museum abgestimmt werden.
Wir danken der Bauherrschaft und den Architekten für ihre kooperative, geduldige und freundliche Zusammenarbeit.
Andrea Hampel
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Römischer Keller mit monolithischem Fenster.
© H.-J. Semmler, Denkmalamt Frankfurt
Hier hatten Einbrecher keine Chance:
römisches Fenster mit sanduhrförmiger Lichtöffnung.
© H.-J. Semmler, Denkmalamt Frankfurt